Radioklassiker aus Venezuela: Ecos del Torbes

Ecos del Torbes

Wir schreiben das Jahr 1947. Gregorio Gonzalez Lovera, ein technikbegeisterter junger Mann aus Cojedes entschließt sich, San Cristóbal im Estado Táchira in Venezuela mit Radioprogrammen zu versorgen. Daraus wird eine der in Übersee beliebtesten und interessantesten Radiostationen aus Lateinamerika: Ecos del Torbes. Der Sender, der einst im Kurzwellen-Tropenband zu hören war, kommt zu uns heute per Livestream. Wir haben reingehört.

Bereits Ende der 1920er-Jahre waren in Venezuela die ersten Rundfunksendungen zu hören (AYRE). Anfang der 1930er-Jahre folgten Radio Caracas, YB9BC, La Radiodifusora Venezuela und La Voz de Carabobo. Im Estado Táchira, der südwestlich an der Grenze zu Kolumbien gelegenen Provinz Venezuelas, ist mit Radio Táchira bereits 1937 der erste Sender aktiv.

Am 9. August 1947 ist es so weit: Gregorio González Lovera erwirbt mit seinen Geschäftspartnern Jesús A. Lugo, José Díaz Figueredo und Antonio Monroe einen Kurzwellensender mit 1 kW Leistung. Das World Radio Handbook (WRH) listet als erste Frequenz 3360 kHz. Im WRH von 1952 und 1953 ist die Station unter dem Rufzeichen YVOC auf 3550 kHz zu finden, später wieder auf 3360 und 3265 kHz. Ab 1964 ist man Platzhirsch auf der neuen Frequenz 4980 kHz im 60-m-Tropenband, wo man ab 1968 mit 10 kW zu hören ist.

Ecos del Torbes ist wohl eine der ersten Stationen, die europäische Wellenjäger in den 1960er-, 1970er-, 1980er- und 1990er-Jahren in ihren Bann gezogen hat. Der Stationsslogan „Ecos del Torbes – su emisora predilecta“ (Ecos del Torbes – Ihr Lieblingssender) traf auch auf viele europäische Hörer zu, denn die Station war in den Nachtstunden fast immer gut zu empfangen und brachte durch seine Musik und flotte Moderation exotisches Flair in die Wohnstube.

Ab März 2003 wurde es ruhiger um den Sender, denn da schaltete die Traditionsfrequenz 4980 kHz ab. Fortan war man nur noch auf der Mittelwelle 780 kHz aktiv und in Europa nicht mehr zu empfangen.

Das blieb so bis August 2013. Zum 66. Stationsjubiläum am 9. August veranstaltete man mehrere Sondersendungen, die u.a. über WRMI Radio Miami International ausgestrahlt wurden. Zeitgleich ging die Webseite http://www.ecosdeltorbes.net on air. Heute ist man dort vom Vormittag bis zum Sendeschluss um 04.30 Uhr UTC zu hören. Erstaunlich: Die Station hat sich Programmänderungen weitestgehend verschlossen. „Gut und bewährt“ scheint das Motto zu sein. Neben den drei ausführlichen Nachrichtenjournalen morgens, mittags und abends Ortszeit ist man fast ausschließlich mit Musiksendungen zu hören, wobei in den letzten beiden Sendestunden montags bis freitags immer noch „Lo que esta noche recuerda“ (woran uns diese Nacht erinnert) läuft. Zu hören sind hier Cumbias, Merengues, Pasodobles, Rumbas, auch Salsa. Am Samstagabend ist der „Sábado bailable“ (tanzbare Samstag) zu hören. Anders als zu Tropenbandzeiten ist Ecos del Torbes im Internet weltweit nicht nur mit dem Nachtprogramm, sondern auch tagsüber zu empfangen. Auch die erste Sendestunde ab 10.30 Uhr UTC beginnt mit traditioneller venezolanischer Musik mit Harfe, Cuatro und Maraca. Es folgen die Nachrichtensendung „El mundo al dia“ (die Welt heute) sowie „Una canción, un recuerdo“ (ein Lied, eine Erinnerung). Weiter gehts mit „Bailando con la escoba“ (Tanz mit dem Besenstiel), sowie der Mittagsausgabe von „El mundo al dia“. Am Nachmittag sind zwischen Musikstrecken auch Interviews und kurze Sportbeiträge zu hören. Einschalten lohnt sich. Nostalgische Gefühle sind jedem (auch ehemaligen) Tropenbandfan garantiert!

ein Beitrag von Michael Schmitz